Überblick
- Mangel bei der Reiseleitung und dem Reiseveranstalter SOFORT melden und Verbesserung verlangen. Lassen Sie sich die Beschwerde schriftlich bestätigen.
- Mangel dokumentieren und Aufzeichnungen machen, eventuell auch Zeugen suchen und Kontaktdaten notieren.
- Prozentsätze für Reisepreisminderung anhand der Frankfurter Tabelle auswählen.
- Einschreiben an den Reiseveranstalter mit Forderung der Preisminderung und Fristsetzung (Reiseunterlagen, Dokumentation des Mangels, geforderte Summe, Bankdaten).
Was ist die Frankfurter Tabelle bzw. Frankfurter Liste?
Die Frankfurter Tabelle ist am Landgericht Frankfurt am Main entstanden. Am Landgericht in Frankfurt werden besonders viele Reisemängel verhandelt. Grund dafür ist der Sitz großer Reiseveranstalter in der Stadt- die Zuständigkeit für diese Verfahren fällt eben an das Gericht in Frankfurt.
An den Werten der Frankfurter Tabelle orientiert sich auch die österreichische Rechtsprechung. Die Liste stellt keine Rechtsquelle dar, dient aber als zuverlässige Orientierungshilfe zur Bewertung von Reisemängeln (OGH 3. November 2005, 6 Ob 251/05p; 10. Oktober 2002, 6 Ob 11/02i).
Eine weitere Orientierungshilfe bei der Bewertung von Reisemängeln ist die ebenfalls nicht verbindliche Kemptener Reisemängeltabelle. Diese Tabelle stellt mehr auf Einzelurteile ab und berücksichtigt Urteile aus dem gesamten Bundesgebiet. Auch der ADAC hat eine Reisepreisminderungstabelle zusammengestellt, in der die Rechtsprechung zur Reisepreisminderung der vergangenen 30 Jahre und mehr als 300 einschlägige Urteile zusammengefasst worden sind. Diese übersichtliche und umfassende Darstellung hat uns besonders gut gefallen. Es sind auch bewusst Urteile mitaufgenommen worden, in denen keine Reisepreisminderung zugesprochen wurde:
FairPlanes „Lieblingsurteil“: AG Offenbach, Az: 340 C 29/08, RRa 2010, 138: Verunreinigung des Passagierdecks durch Hund. 0% Reisepreisminderung: Bloße Unannehmlichkeit; Hund von Künstler des Showprogramms.
Reisepreisminderung nur bei Pauschalreise
Wenn Sie zwei Leistungen, klassischer Weise Beförderung und Unterbringung beim selben Reiseveranstalter für einen Urlaub gebucht haben, haben Sie eine Pauschalreise gebucht. Als Pauschalreise gilt eine Kombination aus Reiseleistungen, die unter einem einzigen Vertrag von einem Anbieter oder mit seiner Hilfe zusammengestellt wurden – einem Reisebüro oder Reiseveranstalter (online oder offline).
Was ist ein Reisemangel?
Wenn zugesagte und gebuchte Leistungen nicht erbracht werden, liegt ein Reisemangel vor. Das Zimmer hat keinen Meerblick, sondern die Aussicht geht in den Hinterhof. Der angepriesene beheizte Pool ist eiskalt, die im Prospekt beschriebene Kinderdisco existiert nicht. Wenn bei der Reise zugesagte Leistungen nicht, anders oder unvollständig erbracht werden, liegt ein Reisemangel vor.
§ 651i BGB Rechte des Reisenden bei Reisemängeln. (1) Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen. (2) Die Pauschalreise ist frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. In Österreich findet sich die Definition im Pauschalreisegesetz § 12 PRG.
Keine freien Liegen am Pool- Gericht bestätigte Reisemangel
Wie verhalte ich mich bei einem Reisemangel richtig, um Ansprüche zu wahren?
Sobald ein Mangel auftritt, wenden Sie sich bitte sofort an den Reiseveranstalter, oder den Reiseleiter vor Ort und zeigen den Mangel an. Es genügt nicht, wenn Sie sich an der Hotelrezeption beschweren und Ihrem Ärger dort Luft machen! Auch das Reisebüro, bei dem Sie die Reise gebucht haben, ist nicht der richtige Ansprechpartner. Das Reisebüro ist nur der Vermittler der Reise.
Chance auf Verbesserung muss gegeben sein
Der Sinn, dass die Mängel dem Veranstalter gemeldet werden müssen, liegt auf der Hand: der Reiseveranstalter muss die Chance bekommen, die Leistung zu verbessern. Wenn in ihrem Zimmer Feuchtigkeit herrscht, oder Sie ein fehlendes eigenes Bad WC reklamieren, kann der Reiseveranstalter durch Anbieten eines anderen Zimmers diesen Mangel beheben. Kommt er dieser Verbesserungspflicht nicht nach, kann ein Reisemangel vorliegen. Fehlt der zugesagte Swimmingpool, oder ist der vorhandene so stark verschmutzt, dass er unbenützbar ist, kann durch einen Umzug in ein nahegelegenes Hotel auch dieser Mangel beseitigt werden. Den Zeitverlust durch den notwendigen Umzug können sie wiederum als Mangel geltend machen.
FairPlane Tipp: Lassen Sie sich den Reisemangel von der Reiseleitung vor Ort schriftlich bestätigen. Diese Dokumentation ist bei der späteren Durchsetzung immens wichtig. Parallel dazu füllen Sie bitte, sofern vorhanden, auch ein Beschwerdeformular auf der Homepage des Reiseveranstalters aus. Sehr wichtig! Machen Sie Screenshots, um diese Beschwerde für Ihre Reisemängel auch zu dokumentieren.
Gerade bei sichtbaren Mängeln im Zimmer wie Schimmel an den Wänden, oder verdrecktem Badezimmer kann ein Foto als guter Beweis dienen um eine Preisminderung nach dem Urlaub durchsetzen zu können.
Welche Erstattung steht mir bei Reisemängeln zu?
Je nachdem wie schwer der Mangel ist und wie lange dieser Mangel bestanden hat, können Sie eine nachträgliche Minderung des Reisepreises verlangen. Sie erhalten einen Betrag vom Reisepreis zurück. Voraussetzung ist das Melden des Mangels beim Reiseveranstalter, wie bereits erwähnt, nicht nur mündlich sondern auch schriftlich anzeigen. Wird eine schriftliche Bestätigung verweigert, kann es hilfreich sein, sich Namen, Telefonnummern und Adressen von Zeugen dieser Mängel bereits am Urlaubsort aufzuschreiben, falls der Mangel später bestritten werden sollte.
Wie hoch die Erstattung bei Mängeln wie Anreise, Verpflegung oder Unterbringung dann tatsächlich ist, bestimmt das Gericht. Als Orientierungshilfe gelten die in der Frankfurter Tabelle angegebenen Prozentsätze. Orientieren Sie sich bei Ihrem Schreiben an den Reiseveranstalter für die Reisepreisminderung an diesen Prozentsätzen.
Wie den Reisemangel am besten dokumentieren?
Wenn Sie z.B. am Urlaubsort von Baulärm betroffen sind, notieren Sie die Uhrzeiten, an denen Sie durch den Lärm beeinträchtigt sind. Lärm untertags (Reisepreisminderung von 5-25%) wird anders bewertet als Lärm während der Nachtruhe ( 10-40%). Zur Aufzeichnung gehört natürlich auch das Notieren der Anzahl von Stunden des Lärms. Photos von der Lärmquelle machen: ist der Lärm bei geschlossenen Fenstern auch noch störend, kann bei Außentemperaturen von 36 Grad das Schlafen bei geschlossenen Fenstern als zumutbar betrachtet werden, wenn es in dem Zimmer keine Klimaanlage gibt?
Wie sich an diesem einfachen Beispiel zeigt: Mangel ist nicht gleich Mangel. Daher sind die Prozentsätze in der Frankfurter Tabelle auch nicht fix angegeben, sonder gehen, wie in unserem Beispiel von 5-40% für den Mangel „Lärm“ aus.
FairPlane Tipp: je genauer Sie den Mangel beschreiben, und auch warum der Mangel für Sie so schwerwiegend war, desto bessere Chancen haben Sie auf eine spätere entsprechende Preisminderung oder, noch besser: Beseitigung des Mangels.
Wie kann ich eine Reisepreisminderung durchsetzen?
Nach der Reise schreiben Sie den Reiseveranstalter an und legen die Dokumentation und Beschreibung der nicht behobenen Reisemängel bei. Benennen Sie Ihre Buchung und fordern Sie anhand der Frankfurter Tabelle eine pozentuelle Rückerstattung des Reisepreises für die Unannehmlichkeiten. Geben Sie Ihre Kontodaten bekannt und setzen Sie eine Frist für die Überweisung des geforderten Betrags.
FairPlane Tipp: Sie müssen keinen Gutschein als Entschädigung annehmen. Sie haben Anspruch auf Auszahlung in bar.
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Welche Minderungen ergeben sich bei Reisemängeln in der Unterkunft (Gruppe I)?
Fehlt der zugesagte Meerblick bei Ihrem Zimmer, sieht die Frankfurter Tabelle eine Reisepreisminderung von 5-10% vor. Eine fehlende funktionstüchtige Klimaanlage schlägt, je nach Jahreszeit mit einem Abzug von 10-20% des Reisepreises zu Buche. Fehlen Radio oder TV können 5% in Abzug gebracht werden. Bevölkern Kakerlaken Ihr Zimmer, also Schädlinge, kann der Abzug 10-50% betragen.
Das Fehlen der zugesagten Kureinrichtungen wie Thermalbad oder Massagen, können eine Minderung von 20 bis 40 % betragen.
Welche Minderungen ergeben sich bei Mängeln bei der Verpflegung (Gruppe (II)?
Gutes Essen gehört zu einem perfekten Urlaub dazu. Oft wird gerne mehr bezahlt, um All inklusive zu genießen. Ärger über schlechtes, oder nicht genügend Essen gehört zu den häufigsten Beschwerden Pauschalreisender.
Verschmutzte Tische werden in der Frankfurter Tabelle mit einem Prozentsatz von 5 bis 10 % angegeben. Wird man zum Essen in Schichten aufgefordert (bei Kreuzfahrtschiffen mehr als üblich), kann ein Abzug von 10 % des Tagesreisepreises zustehen. Muss man sich selbst bedienen, anstatt dass, wie beschrieben serviert wird, werden 10-15% als Abzug genannt. Es kommt immer darauf an, wie die Leistung im Prospekt der Reise beschrieben wurde.
Ungenießbare und verdorbene Speisen füren zu 20-30% Minderung. Der vollkommene Ausfall der Verpflegung lässt eine Reisepreisminderung von 50% des anteiligen Reisepreises je Tag zu.
Welche Minderungen ergeben sich bei Mängeln bei Sonstiges (Gruppe III)?
- Der fehlende, zugesagte FKK Strand: 10-20% Abzug.
- Stark verschmutzer Strand: 10-20%.
- Fehlender oder stark verschmutzter Swimmingpool: 10-20%.
- Ausfall von Landausflügen bei Kreuzfahrten: 20-30%.
Fehlendes Restaurant oder Supermarkt: bei Hotelverpflegung 5 %, bei Selbstverpflegung 10-20% bei Zusage und je nach Ausweichmöglichkeit. Hier zeigt sich wieder deutlich, dass es sehr wichtig ist, genau zu dokumentieren wie weit der nächstgelegene Supermarkt, oder das Restaurant von der Unterkunft entfernt war. Denn danach richtet sich dann die Minderung des anteiligen Reisepreises je Tag.
Nicht vorhandene, aber zugesagte Strandliegen und Sonnenschirme: 5-10%.
Muss man das Zimmer wechseln, wird der Zeitverlust beim Umzug im selben Hotel mit einer Minderung des anteiligen Reisepreises für 1/2 Tag berechnet. Wenn man in ein komplett anderes Hotel umziehen muss, wird ein ganzer Tag veranschlagt und gemindert.
Welche Minderungen ergeben sich bei Mängeln beim Transport (Gruppe IV)?
Fehlt der Transfer vom Flughafen zum gebuchten Hotel, müssen die Kosten des Ersatztransportes ersetzt werden. Fehlt das Unterhaltungsprogramm im Flugzeug, kann für diesen Mangel 5% abgezogen werden.
Kommt der Flug am Zielort verspätet an, muss man die ersten vier Stunden Verspätung „hinnehmen“. Es gibt keine Reisepreisminderung. Erst ab der fünften Stunde kann pro Stunde eine Reisepreisminderung von 5% des Tagesreisepreises als Minderung verlangt werden.
FairPlane Tipp: Machen Sie hier einfach den Anspruch nach der EU Fluggastrechte Verordnung geltend. Kommen Sie drei Stunden oder noch später an Ihrem Zielort an, kann ein Anspruch auf Ausgleichsleistung gegen die Fluglinie bestehen. Die Höhe richtet sich nach der Flugstrecke und beträgt bis zu 600 €.
Wie werden mehrere Mängel auf einer Reise beurteilt?
Wenn während der Reise mehrere Mängel aufgetreten sind, werden die Prozentsätze addiert. Allerdings dürfen folgende Prozentsätze innerhalb einer Leistungsgruppe nicht überschritten werden:
- Gruppe I Unterkunft: 50% maximal
- Gruppe II (Verpflegung) 50% maximal
- GruppeIII (Sonstiges) 30% maximal
- Gruppe IV (Transport) 20% maximal
Wie lange kann man Mängel der Reise geltend machen?
Nach den Regelungen des Reiserechts haben Reisende bis zu zwei Jahre Zeit die Reisemängel geltend zu machen. Das Schreiben muss dem Reiseveranstalter spätestens am letzten Tag der Frist zugehen. Die Frist beginnt mit dem letzten Tag der Pauschalreise.
Fazit
Geringfügige Mängel bleiben außer Betracht. Die Höhe des Prozentsatzes richtet sich nach der Intensität der Beeinträchtigung. Es wird hier nicht auf die Eigenschaften des einzelnen Reisenden abgestellt, also auf Alter, Empfindlichkeit oder Ähnliches. Waren dem Reiseveranstalter aber besondere Eigenschaften oder Gebrechen des Reisenden bereits bei der Buchung bekannt, kann der angeführte Prozentsatz um bis zu 50% erhöht werden.
Europäische Union plant neue Pauschalreiserichtlinie
Mit der Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie von 2015 werde „der Schutz von Pauschalreisenden in Zukunft wirksamer sein, insbesondere in Krisensituationen“, verspricht die EU-Kommission. Wegen des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie seien Pauschalreisen massenhaft storniert und keine neuen Buchungen getätigt worden. Aufgrund der sich daraus ergebenden Liquiditätsprobleme der Reiseveranstalter sei vielen Reisenden ihre Anzahlung für eine stornierte Pauschalreise überhaupt nicht oder erst deutlich später als innerhalb der in der Pauschalreiserichtlinie vorgeschriebenen Frist von 14 Tagen erstattet worden. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen „Reisenden stärkere und klarere Rechte einräumen und die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Pauschalreiseveranstalter klären“, heißt es weiter (Quelle: Website der Europäischen Union).
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