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Notlandung wegen „Unruly Passenger“!

Der Flug der Fluggesellschaft Ava Air sollte Ende letzter Woche eigentlich von London Heathrow nach Bangkok führen, doch dann kam Alles ganz anders. Ein offensichtlich betrunkenes Pärchen fiel durch unangenehmes Verhalten auf. Zunächst setzte sich die Frau einfach auf einen Sitz in der Business Class, ohne den von den Flugbegleitern geforderten Aufpreis zu bezahlen. Ihre männliche Begleitung rauchte einfach seine E-Zigarette, obwohl dies im Flieger untersagt ist. Die uneinsichtigen Passagiere begannen dann auch das Kabinenpersonal körperlich zu attackieren. Letztendlich bedurfte es acht Personen, um den Mann mittels Klebeband an einen Sitz zu „fesseln“. Der Pilot entschied sich für eine Notlandung in Wien, wo das Pärchen aus dem Flugzeug aussteigen musste. Am Rollfeld selbst spielten sich dann skurrile Szenen Ab: die Frau bewarf den Mann mit Geldscheinen-sichtlich ging es bei dem Streit um Geld. Der Mann hob die Scheine eilig vom Flugfeld auf und die Störenfriede wurden von der Polizei vom Rollfeld gebracht.

Unruly Passenger-Flugsperre-Schwarze Liste

Als Unruly Passenger bezeichnet man einen Fluggast, der gegenüber der Besatzung oder anderen Passagieren gegenüber gewalttätig, oder aggressives Verhalten an den Tag legt. Meist sind Alkohol oder Drogen die Ursache für das Ausrasten. Aber auch Flugangst oder lange Wartezeiten können dieses Verhalten bei manchen Passagieren hervorrufen. Passagiere die ein solches Verhalten an den Tag legen werden von der Fluglinie für mehrere Monate mit einem Flugverbot bestraft. Wenn die gesetzten Taten als lebensbedrohlich eingestuft werden kann das Flugverbot auch zwei Jahre und mehr betragen.

Fluguntauglichkeit-Beförderungsverweigerung

Wenn ein Passagier nach der Beurteilung der Crew fluguntauglich ist, kann die Beförderung verweigert werden. Wenn man sich das „Kleingedruckte“ bei der Ticketbuchung einmal durchliest, findet sich diese Bestimmung in den Beförderungsbedingungen der Airline. Passagiere, die den Anweisungen der Crew nicht folge leisten stellen ein erhebliches Risiko dar, daher kann ihnen aus Sicherheitsgründen das Boarding verweigert werden. Hier ein Auszug aus den Beförderungsbedingungen der Lufthansa: Artikel 7: Beschränkung und Ablehnung der Beförderung: Wir dürfen ferner Ihre Beförderung verweigern, wenn 7.1.3. Ihr Verhalten, Ihr Zustand oder Ihre geistige oder körperliche Verfassung zum Beispiel aufgrund der Auswirkungen von Alkohol- oder Drogenkonsum dazu führt, dass Sie sich selbst, andere Fluggäste oder Besatzungsmitglieder einer Gefahr aussetzen; 

Pilot hat die Bordgewalt

Der Luftfahrzeugführer (Pilot) eines Flugzeugs darf Passagiere aus Sicherheitsgründen von der Beförderung ausschließen. Er hat diese Ermächtigung aufgrund des Luftsicherheitsgesetztes, das ihm in diesem Fall luftpolizeiliche Hoheitsgewalt verleiht. Normalerweise unterliegen Luftfahrzeug und Pilot den gesetzlichen Regeln jenes Staates, in dem sie sich gerade befinden. Das wäre natürlich in der Praxis extrem umständlich und nicht realisierbar. Daher sieht das Tokioter Abkommen in Artikel 6 vor, dass der Pilot die Ausübung der Bordgewalt über fremdem Staatsgebiet ausdrücklich ausüben darf, indem ihm das Recht eingeräumt wird, alle gegenüber einer Person angemessenen Maßnahmen, einschließlich Zwangsmaßnahmen, zu treffen, die notwendig sind. Diese Maßnahmen darf er ergreifen um die Sicherheit des Flugzeuges selbst, der Passagiere oder auch der Sachen an Bord gewährleisten zu können.

Kein Schadenersatz für den Störenfried

Das OLG Frankfurt hat in seiner Entscheidung (Urteil vom 19. November 2010, Az.13 U 231/09) festgestellt, dass ein Flugkapitän dazu berechtigt ist Passagiere aus dem Flugzeug zu verbannen, oder die Beförderung abzulehnen, wenn diese sich weigern den Anweisungen zu Folgen. Den „Unruly Passengers“ steh in diesem Fall kein Schadenersatzanspruch gegen den Luftbeförderer zu.

Erhält der randalierende Passagier eine Ausgleichsleistung?

Ziemlich dreist forderte ein Ehepaar eine Ausgleichsleistung und weiteren Schadenersatz wegen Nichtbeförderung. Allerdings wurde das Pärchen wegen Trunkenheit und Missachtung der Anweisungen des Chefstewards vom Piloten von der Beförderung ausgeschlossen, die Sitze in der Business Class mussten geräumt werden. Dennoch wurde die Ausgleichsleistung nach EU-Fluggastrechteverordnung gefordert. Die Fluglinie verweigerte die Zahlung und der Passagier brachte Klage ein. Das Amtsgericht Frankfurt hat die Klage abgewiesen. Die Entscheidung des Piloten war notwendig und er durfte und musste die Passagiere von der Beförderung ausschließen.

AG Frankfurt, Urteil vom 27.5.2020, Az.: 32 C 784/19 (89)

Ausgleichszahlung für mitreisende Passagiere?

Wenn Ihr gebuchter Flug wegen randalierenden Passagieren abgebrochen wird und Sie dadurch eine Verspätung hatten ist das natürlich mehr als ärgerlich. Es stellt sich die Frage ob Ihnen als Passagier hier eine Ausgleichszahlung nach EU-VO 261/2004 zusteht. Wenn eine Flugverspätung von drei Stunden oder mehr vorliegt, kann der Passagier einen Anspruch auf Entschädigung von bis zu € 600 haben. Allerdings entfällt dieser Anspruch, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. Diese Frage wurde dem Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt. Der EuGH hat in der Rechtssache C-47/19 entschieden, dass in diesem Fall ein Außergewöhnlicher Umstand vorliegt und die Fluglinie keine Zahlung vornehmen muss. Allerdings steht in der Entscheidung auch deutlich, dass die Airline alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen müsse, um die Verspätung der Passagiere so gering wie möglich zu halten. Es müsse eine zumutbare, zufriedenstellende und frühestmögliche andere Beförderung sichergestellt werden. Dazu gehörten auch direkte oder indirekte Flüge, die nicht vom eigenen Unternehmen oder derselben Fluggesellschaftsallianz angeboten werden.

Anspruch auf Ausgleichsleistung kann gegeben sein

Sehr deutlich steht in dem Urteil der Rechtssache LE Gegen Transportes Aéreos Portugueses SA: Etwas anderes hat jedoch zu gelten, wenn es sich – was das vorlegende Gericht zu überprüfen hat – herausstellt, dass das betreffende ausführende Luftfahrtunternehmen zum Auftreten des störenden Verhaltens des betreffenden Fluggastes beigetragen hat, oder wenn dieses Unternehmen aufgrund der Anzeichen für ein solches Verhalten imstande war, es vorauszusehen und angemessene Maßnahmen zu einem Zeitpunkt zu ergreifen, als es dies ohne bedeutende Folgen für den Ablauf des betreffenden Fluges tun konnte. 

Im Klartext: wenn Passagiere bereits „am Boden“ beim Einchecken für Mitreisende und auch für das Bodenpersonal deutlich als aggressiv, oder betrunken erkennbar sind, müsste die Fluglinie die Beförderung eigentlich ablehnen. Wenn diese Passagiere trotzdem in den Flieger gelassen werden und danach eine Notlandung wegen sicherheitsgefährdenden Verhaltens stattfinden muss, wird auch eine Ausgleichsleistung für die Verspätung zu zahlen sein. Denn die Fluglinie und deren Bodenpersonal hätte den „Unruly Passenger“ bereits erkennen müssen und von der Beförderung ausschließen müssen um die Sicherheit der anderen Passagiere nicht zu gefährden.

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